Die Rose von Suez by Kim Henry

Die Rose von Suez by Kim Henry

Autor:Kim Henry [Henry, Kim]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-12-01T00:00:00+00:00


Kapitel 10

Djamal stand am Fenster und blickte hinaus in die Dunkelheit. Lichtstreifen, unterbrochen von den Schatten der Sprossen, die das Fensterglas teilten, fielen in die Nacht. Über die perfekt geschnittenen englischen Hecken, die den Garten des Paschas zu einem Abbild der Gärten der Herrscher in London und Paris machten, ging der Blick hinunter zum Nil, jetzt nur noch erkennbar durch das gelegentliche Aufflackern und Spiegeln der Lichter eines Fischerbootes.

Es ging auf Mitternacht zu. Hinter ihm tanzten unter gewaltigen Kronleuchtern die Gäste des Paschas. Damen in Roben so ausladend, dass man mit der Menge an Stoff bei ihm zu Hause fünf Frauen hätte einkleiden können, lachten zu laut und zu schrill. Irgendwo zerbrach klirrend ein Weinglas, und ein Diener wurde ausgescholten. Djamal musste sich nicht umwenden, um zu wissen, dass der Diener nur ein Sündenbock für den Fehler eines Gastes war. Er beneidete Jamil und die anderen, die ihn auf dem Ritt begleitet hatten, dass sie nicht verpflichtet waren, dem Fest beizuwohnen. Alle sieben Männer hatten von ihrem Recht, fernzubleiben, Gebrauch gemacht. Djamal hatte nicht darauf bestanden, dass auch nur einer von ihnen mitkam, es war selbst für ihn hart genug, dabei hatte er zumindest ein wenig Übung aus seiner Zeit in Alexandria. Er hoffte, dass Jamil draußen bei den ägyptischen Kanalarbeitern oder zur Not auch bei den levantinischen Huren in Erfahrung bringen konnte, wen man hier für Hazel Fairchilds Entführung verantwortlich machte. Ob sie überhaupt noch nach ihr suchten. Immerhin lag ihre Entführung mittlerweile Wochen zurück, und es konnte kein Lebenszeichen gegeben haben.

Um sich besser unter die anwesenden Herren zu mischen, trug er englische Hosen aus schwarz gefärbter Wolle und auf Hochglanz polierte Lederstiefel. Die Hosen, das weiße Rüschenhemd und auch die knielange Jacke, die er darüber trug, waren im Serail unter Anleitung von Nuur und Harib angefertigt worden. Selbst Djamal, der von Mode keine Ahnung hatte, konnte erkennen, dass der Schnitt nicht dem entsprach, was zurzeit getragen wurde, aber wenigstens war die Jacke aus tiefrotem Seidenbrokat angefertigt und wurde von den Damen der Gesellschaft mit anerkennenden Blicken gewürdigt. Die Tatsache, dass er, statt einen dieser lächerlichen modischen Hüte zwischen den Fingern zu drehen, eine einfache schwarz-weiß karierte Keffiyeh trug, wies ihn als den Anführer eines der Wüstenvölker in Said Paschas Reich aus, und dieser Umstand verzieh sicher die Fehlgriffe in Sachen Kleidung.

Er überlegte, ob es weise gewesen wäre, Hazel bei der Gestaltung seiner Kleider hinzuzuziehen. Die Erinnerung an den Aufzug, mit dem sie bei ihm im Serail aufgetaucht war, brachte ihm ein vages Lächeln im Mundwinkel ein. Er wandte den Kopf, musterte zwei jüngere Damen in unmittelbarer Nähe und fragte sich, ob sie unter den voluminösen Stoffbergen auch solch bezaubernde Unterkleider aus weißer Spitze trugen. Hazel. Malak. Dies hier war ihre Welt. Sie würde sich inmitten dieser Leute mit atemberaubender Sicherheit bewegen, würde Konversation betreiben auf Englisch und auf Französisch, wohingegen er das Gefühl hatte, seine Zunge wäre am Gaumen festgeklebt. Hazel würde tanzen, nach diesen in seinen Ohren seltsam klingenden Rhythmen, die die jungen Frauen neben ihm dazu brachten, auf ihren Fersen zu schaukeln.



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